Schwestern und Brüder
vom heiligen Benedikt Labre e.V.

Teefahrer-Geschichte von Maria Jung

19. Oktober 2021

Ich heiße Maria Jung und bin seit April 2019 beim Teefahren dabei. Über die Seite Tatendrang München, die ehrenamtliche Tätigkeiten vermittelt, wurde ich auf die „Möwe Jonathan“ aufmerksam.

Ich bin Soziologin, habe in Konstanz und München studiert und arbeite im Bereich Kommunikation/Marketing. Ich bin 29 Jahre alt, lebe in Haidhausen und gehe liebend gerne in die Berge zum Wandern, treibe gerne Sport (Radeln, Boxtraining, Tanz) und gehe gerne ab und zu ins Theater.

Ich möchte einen Beitrag leisten, dass es Menschen in prekären Situationen besser geht. Wie oft läuft man an Menschen auf der Straße vorbei, hat ein Gefühl im Bauch dass man „doch etwas tun müsste“. Und das wollte ich, denn irgendwo muss man anfangen. Ich finde es wichtig und schätze es, eine feste Konstante im Leben unserer Freunde der Straße zu sein, ihnen mit Respekt zu begegnen und ihnen sei es mit einer Tasse heißem Tee oder Broten ein Stück mehr Lebensqualität zu geben.

Zahlreiche Gespräche, die mit Tränen in den Augen enden – allerdings vor Lachen auf unserer Seite sowie auf Seiten der Freunde der Straße. Bei jeder Fahrt trifft man auf freudige „alte Bekannte“, die schon auf unser Duo warten und sich – falls wir mal im Urlaub sind – sorgen, wo wir bleiben.

Einmal haben wir Kollegen Franz mit sehr viel Mühe aus seinem Rucksack befreit, in den er regelrecht eingeklemmt und gefangen war. Er hatte sich selbst eine Konstruktion gebaut, damit man ihn ihm nicht beim Schlafen vom Rücken klaut – wahrlich ein Hochsicherheitsgebilde.

Regelmäßig werden wir von Christoph mit Blumen überrascht, Georg mag keine Schokolade und schenkt uns ab und zu ein Twix, die er von der Tafel geschenkt bekommt – so haben manche das Gefühl, uns etwas zurückgeben zu können, was wir natürlich nie verlangen würden.

Eine Gruppe bulgarischer Saisonarbeiter, die schon in sehr betagtem Alter waren, haben sich eine kleine Musikbox bei eisigen Wintertemperaturen aufgestellt und zu „stayin alive“ von den BeeGees getanzt. Sie waren herrlich gut drauf und so haben wir uns anstecken lassen und für ein paar Minuten mitgetanzt. Die Füße wurden schnell warm, ein schöner Nebeneffekt.

Selten kommen unschöne Erfahrung dazu, bei denen man die körperlichen und mentalen Folgen durch Alkoholkonsum und fehlende Sozialkontakte beobachten muss und nichts tun kann. Teilweise wird man dann beschimpft, es wurde schon mit einem Brot nach uns geworfen oder uns gesagt, wie unverschämt man sei. Das ist und bleibt aber die Ausnahme.

Die Menschen sind mir teilweise sehr ans Herz gewachsen sind. Die Gespräche und oftmals das viele Lachen bei den Fahrten, einen Beitrag zu leisten und nicht wegzusehen – das alles hält mich weiter in diesem Ehrenamt.

Ich fahre seit über zwei Jahren als festes Team gemeinsam mit meinem Partner Thomas Jörg. Das Teefahren ist eine feste Konstante für uns und stärkt uns in unserer Beziehung – wir lernen voneinander, übereinander und stützen uns in schwierigeren Situationen beim Teefahren. Ich habe gelernt, dass ein stabiles und gesundes Umfeld, die Familie und Freunde sehr wichtig sind, um Hürden im Leben zu meistern. Das schätze und pflege ich seit dem Teefahren noch mehr als zuvor. Wichtig ist es, jedem Menschen würdevoll und mit Respekt zu begegnen, denn niemand ist gefeit vor Schicksalsschläge, die das Leben auf den Kopf stellen können – unabhängig von dem Leben, das man bis dahin geführt hat.

Jeder Mensch hat eine eigene Geschichte, man darf nicht die Menschen auf der Straße über einen Kamm scheren und von „ihnen“ sprechen. Ich habe darüber hinaus gelernt, wie sehr äußere Umstände Menschen prägen und verändern können, sodass Narben bleiben die nicht mehr weggehen und oftmals den Lebensmut nehmen.

Ich war als Kind jahrelang Messdienerin in der katholischen Kirche. Seit einigen Jahren bin ich allerdings aus der Kirche ausgetreten, was meine Tätigkeit beim Teefahren in keinerlei Weise beeinträchtigt oder beeinflusst – ich fahre aus Überzeugung und schätze es sehr, dass ich unabhängig meines Glaubens von der Gemeinschaft beim Teefahren aufgenommen werde und nie danach gefragt/bewertet wurde und werde.

Ich habe einen wahnsinnigen Respekt vor der Arbeit der Hauptamtlichen, vor der Geduld und der Wahmherzigkeit, mit der das Ganze organisiert und geleite wird. Ihr leistet einen sehr wertvollen Beitrag und seid die Seele, der Möwe Jonathan. Schön, dass es euch gibt!

 

 

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