Teefahrer-Geschichte von Wolfgang Sréter
15. September 2021Mein Name ist Wolfgang Sréter. Ich arbeite als Autor und Fotograf.
Vor einigen Jahren schrieb Felix Leibrock, der zu diesem Zeitpunkt offensichtlich schon länger als Fahrer unterwegs war, eine Rundmail, dass in der Pommernstrasse Fahrer gesucht würden. Ich meldete mich, Maria nahm mich mit auf eine Tour, und als wir an diesem Abend die Runde beendet hatten, wusste ich, das will ich machen. Seit dieser Zeit fahre ich ein- oder zweimal im Monat, je nach dem, wie oft ich in München bin.
Ich kenne inzwischen viele der Menschen, die an unsere Standplätze kommen. Ich freue mich jedes
Mal, wenn ich sie – noch bei guter Gesundheit – sehe und wenn sie sich auch freuen, weil wir
zuverlässig an 364 Tagen im Jahr mit dem blauen Bus kommen, nachdem wir das Essen in den
Innenstadtklöstern abgeholt haben. Ich bin allerdings auch beunruhigt, wenn ich jemanden längere
Zeit vermisse. Und ich freue mich auf die Gespräche während der Fahrt im Bus. Ich bewundere die
Ärzte, die drei Mal in der Woche mit dem Arztmobil unterwegs sind und mit großer Gelassenheit ihre Arbeit machen.
Das Teefahren hat meine Sicht auf die Stadt verändert, in der ich nun schon so lange lebe. Auch
wenn ich an anderen Tagen in der Innenstadt unterwegs bin, halte ich die Augen offen, ob ich
jemanden sehe, den ich begrüßen kann. Jeden Abend, wenn ich nach einer Runde nach Hause
komme, beschäftigen mich die Menschen, denen ich begegnet bin. Auch nach all den Jahren bin ich
in Sorge, wie sie die Nacht überstehen, vor allem, wenn es kalt ist oder regnet.
Meine Zusammenarbeit mit euch in der Pommernstrasse hat mich in der Überzeugung bestärkt, dass man Menschen aus der Obdachlosigkeit holen kann, wenn man das wirklich will und eine Vision dafür entwickelt.
Ich würde mich freuen, wenn es heuer im Advent wieder eine Begegnung mit allen Fahrer*innen und Mitfahrer*innen geben könnte. Und wenn es noch mehr Käsebrote gibt, freuen sich auch die Menschen auf der Straße.